Das Gründungsmitglied der Regionalliga Bayern steigt ab. Der FC Memmingen muss den bitteren Gang in die Bayernliga antreten. Zehn Jahre gehörte der Fußball-Club der Regionalliga Bayern an, zuvor zwei Jahre der damaligen Regionalliga Süd. Der Bericht der Allgäuer Zeitung zur 1:3 Niederlage beim FC Augsburg II und Stimmen zum bitteren Abstieg:
Vor zehn Jahren war der FC Memmingen eines der Gründungsmitglieder der Regionalliga Bayern. Nun hat diese Epoche vorerst ein Ende gefunden: Nach der 1:3 (0:1)-Niederlage beim FC Augsburg II steigt der FC Memmingen in die Bayernliga ab. Es ist der erste Abstieg des FCM seit 2002 - damals ging es von der Bayernliga für eine Saison in die Landesliga.
Den Abstieg des FC Memmingen am letzten Spieltag der Regionalliga-Saison besiegelte auch der zeitgleiche 5:0 Sieg der SpVgg Greuther Fürth II beim bereits als Absteiger feststehenden SV Schalding-Heining. Die Fürther gehen damit in die Relegation.
Dass mit einem Ausrutscher des direkten Konkurrenten eher nicht zu rechnen war, wussten die Memminger. Deswegen war ein Auswärtssieg im Rosenaustadion eigentlich Pflicht. Aber die Bundesliga-Reserve der Fuggerstädter hatte die Partie fast über die gesamte Zeit im Griff und ging nach einem von Dorian Cevis verwandelten Foulelfmeter in Führung (16. Minute). Die beste FCM-Chance im ersten Durchgang hatte David Mihajlovic, dessen Schuss aus fünf Metern allerdings zu unplatziert war. Wenig später stand es in Schalding schon 2:0 für Fürth II.
Hoffnung kam auf, als es nach einem Handspiel auf der anderen Seite Elfmeter für Memmingen gab. Yannick Scholz behielt die Nerven und traf zum Ausgleich (51.). Allerdings währte die Freude nicht lange: Sechs Minuten später traf der agile Josue Mbila zum 2:1. Interimstrainer Thomas Reinhardt und Co-Trainer Candy Decker brachten frische Kräfte, das Anlaufen des FCM erzeugte aber lange keine Gefahr für das FCA-Tor. Tiziano Mulas traf aus der Distanz den Pfosten, in der 93. Minute traf Tobias Heiland gegen aufgerückte Memminger zum 3:1-Endstand.
Um 15.50 Uhr stand der Abstieg des FCM endgültig fest. Fassungs- und regungslos standen die Spieler minutenlang auf dem Feld, getröstet von den Augsburgern und vom rotgesperrten Martin Dausch. Unter den 400 Zuschauern, die Zeugen des Memminger Abstiegs-Dramas wurden, war auch Stephan Baierl, der den FCM zur kommenden Saison trainiert. Im Kader dürften sich durch den Abstieg noch mehr Veränderungen ergeben, darüber will Reinhardt, der auf seinen Posten als Sportlicher Leiter zurückkehrt, in den nächsten Tagen mit Baierl besprechen. Fest steht, dass Routinier Martin Dausch auch kommende Saison dabei ist.
Stimmen zum Abstieg des FC Memmingen
Interimstrainer Thomas Reinhardt: "Wir wollten mutig auftreten, aber nach den bisherigen Ergebnissen in der Rückrunde konnte niemand erwarten, dass die Mannschaft mit breiter Brust ins Spiel geht. Wir wussten, um was es geht, wir wussten, dass wir gewinnen müssen, weil wir uns auf andere nicht verlassen können. Die Unsicherheit und vielleicht auch die Angst vor dem Abstieg waren in der Anfangsphase spürbar. Mitte der ersten Halbzeit sind wir besser ins Spiel gekommen, vor allem durch Zweikämpfe. Augsburg war klar die bessere Mannschaft, aber wir hatten vielleicht die klareren Chancen. In der zweiten Halbzeit dachten wir kurz: Jetzt ist alles möglich. Am Ende haben uns aber auch die Kräfte verlassen. Wir sind aber nicht heute abgestiegen, dafür gibt es schon während der Saison viele Gründe. Individuelle Fehler ziehen sich bei uns durch die ganze Saison, da fehlt dem einen oder anderen auch ein Stück Qualität. Aber wir haben alles probiert. Wir sind alle sehr traurig, die Spieler sind am Ende. Yannick Scholz und andere haben bitterlich geweint. Aber wir hängen alle mit drin, auch das Trainerteam. Da muss ich mich vor allem bei Candy Decker bedanken, der sich unfassbar reingehängt hat. Es gibt Schlimmeres als einen Abstieg, gerade für die jungen Spieler ist das eine komplett neue Erfahrung. Aber wir kommen gestärkt zurück. Wie lange das dauert, kann ich nicht sagen - aber wir kommen zurück. Wir stellen wieder eine schlagkräftige Mannschaft auf. Gerade tut es weh - aber wir haben gute Voraussetzungen und müssen nach vorne schauen."
FCM-Vorsitzender Armin Buchmann: "Als wir das 1:1 gemacht haben, war ich nochmal guter Dinge. Aber derSieg des FCA II geht völlig in Ordnung. Wir haben uns ja davor schon mit dem Abstieg auseinandergesetzt und jetzt ist die Saison auch endlich vorbei, wie man schon fast sagen muss. Es war ein ganz schlimmes Jahr für uns. Es ist ein sehr bitterer Moment. Wir hatten in den letzten Jahren schon schwierige Momente. Der FCM ist ein Ausbildungsverein, über Corona hatten wir einen Systemabsturz, den wir nicht auffangen konnten. Es geht jetzt darum, Haltung zu bewahren und eine Nacht drüber zu schlafen. Dann geht der Blick auch schon Richtung Zukunft. Es war uns deshalb auch wichtig, mit Stephan Baierl schon frühzeitig eine Lösung für die neue Saison zu haben. Er hat einen Zweijahresvertrag unterschrieben, in diesem Zeitraum müssen wir Aufbauarbeit betreiben. Wir haben ein großes Projekt mit dem Multifunktionsgebäude - es ist nicht alles so schlecht, wie es heute aussieht. Wir waren mit Buchbach und Illertissen die einzigen, die seit Gründung der Regionalliga Bayern dabei waren. Dieses Privileg haben wir nicht mehr. Wir müssen aber jetzt alles erst mal verarbeiten - in dieser Saison haben wir zu wenig auf den Platz gebracht. Der Bayernliga-Kader wird anders aussehen, aber diese Entscheidungen treffen wir in den kommenden Wochen. Der Wiederaufstieg wird ein Thema sein, aber auch in der Bayernliga gibt es Vereine mit Mäzenen, die in die Regionalliga wollen. Wir setzen uns das Ziel der Regionalliga-Rückkehr über zwei Jahre."
Torwart Martin Gruber: "Dieser Tag ist wohl der bitterste Moment in meiner Zeit beim FCM. Wir haben schon ein paar Mal gegen den Abstieg gespielt, bisher ging es gut für uns aus. Dieses Mal hat es uns erwischt. Wir sind aber nicht heute abgestiegen, in der ganzen Saison und gerade nach dem Winter haben zu viele Sachen nicht gepasst. Wir wussten, dass es hier schwierig wird und dass uns Augsburg nichts schenken würde. Heute soll jeder traurig sein, das steht jedem Spieler zu. Es ist jetzt ein paar Tage Zeit, das sacken zu lassen, aber danach muss es weitergehen. Ich bin auch nächstes Jahr wieder dabei, nach dem Abstieg wird der Neuanfang natürlich krasser. Aber es wird beim FCM auf jeden Fall weiter gehen."
Roland Wohnlich, der wegen eines Muskelbündelrisses fehlte: "Ich bin jetzt 13 Jahre im Verein - es ist einfach nur zum Kotzen. Vor allem, wenn man nicht mithelfen kann, sondern zum Zuschauen verdammt ist."
ALLGÄUER ZEITUNG „FCM steigt in die Bayernliga ab“
Von Tobias Giegerich - Allgäuer Zeitung vom 22.05.2022 - Foto (C) Paul Meckes
Foto (C) Paul Meckes