
Nach der Regionalliga-Hinrunde belegt Aufsteiger FC Memmingen weiterhin Tabellenplatz 8. Das 1:1 gegen den FCA II gibt Aufschluss, warum sich das Günes-Team so wacker schlägt, berichtet die Allgäuer Zeitung:
Marcello Barbera verkörperte in dieser Schlussviertelstunde so ziemlich alles, was den FC Memmingen in dieser Regionalliga-Hinrunde ausgezeichnet hat. Der 26-Jährige, der vor der Saison vom Bayernligisten TSV Kottern gekommen war und dessen Hauptposition normal die offensive Rechtsaußenseite ist, hatte im Heimspiel gegen den FC Augsburg II eine Sonderaufgabe bekommen. Er sollte die Kreise des früheren dänischen Nachwuchsnationalspielers Mads Pedersen, eigentlich linker Verteidiger, einschränken. Der vom Profikader in die U23 verbannte Pedersen mischte sich früh ins Angriffsspiel des FCA II ein, überraschenderweise auf der rechten Außenseite. Barbera biss sich fest, hetzte Pedersen immer wieder hinterher und suchte in der ersten Halbzeit sogar wiederholt die Möglichkeit, sich selbst ins Angriffsspiel des FCM einzumischen. Barbera bereitete auch den Führungstreffer von Fabian Lutz vor und zählte zu den auffälligsten Spielern beim FCM. Als es in der zweiten Halbzeit „eng“ wurde, das Kraftbündel Pedersen ihn auch das ein oder andere Mal schlecht aussehen ließ, hielt Barbera vehement dagegen. Nicht nur in Zweikämpfen auf dem Rasen, sondern auch bei einem erst körperlichen, dann verbalen Scharmützel an der Seitenlinie. Barbera blieb in der 72. Minute sogar moralischer Sieger –Gelb sah nur der FCA-Profi. Nach dem Spiel, das 1:1 endete, sagt Barbera mit einem Grinsen: „Kurz war mir schon schwindlig. Es war ein sehr, sehr intensives Spiel. Wir haben sehr gut dagegen gehalten.“
Selbstbewusst von sechs Heimspielen ohne Niederlage war der FCM zur ungewohnten Anstoßzeit am frühen Samstagnachmittag vor nur 600 Zuschauern gestartet. Nach vier guten Einschuss-Möglichkeiten von David Günes (9.), zweimal Nico Nollenberger (10.) und Barbera (11.) kam das 1:0 durch Fabian Lutz (12.) nicht nur auf Ansage, sondern war hochverdient. Warum aber ausgerechnet nach der Führung der Faden im Memminger Spiel riss, blieb auch für Barbera ein Rätsel: „Vielleicht haben wir alles als selbstverständlich angesehen. Wir haben nicht mehr so viel Gas gegeben.“ Das 1:1 der Augsburger durch Florian Hangl (22.), das aus dem Nichts kam und bei dem die FCM-Abwehr reichlich unsortiert war, hatte für die Memminger eine lähmende Wirkung. Torschütze Lutz sagte nach dem Spiel: „Wir sind brutal gut reingekommen ins Spiel. Wir kriegen das 1:1 – und dann war da voll das Loch. Da ging gar nichts mehr.“ Der FCM kam nicht mehr in die Zweikämpfe, das Pressing funktionierte nicht mehr, die (geistige) Handlungsschnelligkeit war futsch. Doch der FCM überstand auch die heiklen Phasen in dieser Partie. Er zeigte sich, wie in der kompletten Vorrunde, extrem widerstandsfähig und willig, auch die Drecksarbeit auf dem Platz zu verrichten.
Lutz sagt: „Man sieht bei bei den Kontersituationen, dass alle zusammenhalten. Da gehts im Vollspurt zurück und wir helfen uns gegenseitig, egal, wer einen Fehler macht.“ Unisono sagen Lutz und Barbera: „Richtig zufrieden wären wir nur, wenn wir das Spiel gewonnen hätten.“ Zufrieden könne man dennoch sein mit dem 1:1 gegen einen spielstarken Gegner. Die Memminger sind mit sieben Remis – wie in der Vorsaison – die Unentschiedenkönige der Liga. Als Aufsteiger sammelt das Team von Trainer Matthias Günes fleißig Punkte und steht nach der Hinrunde auf Platz acht. „Viele haben uns das nicht zugetraut. Wir uns schon“, sagt Barbera.
Von Thomas Weiß – Allgäuer Zeitung vom 10.11.25 – Fotos (C) Hannah Brenner, Siegfried Rebhan, Olaf Schulze